Vor Kurzem habe ich von meiner neuen Beitragsreihe zur Immobilienbewertung berichtet. Bevor es dabei ans Eingemachte geht und die wirklich wichtigen „großen“ Verfahren in den Fokus rücken, befasse ich mich mit den ganz schnellen Bewertungsverfahren.
Von echten Bewertungsmethoden zu sprechen geht meiner Meinung nach zu weit, weil viele entscheidende Objektspezifika außer Acht gelassen werden, aber für eine oberflächliche Bewertung schadet es sicher nicht, die Verfahren zu kennen.
Years‘ Purchase – der Ursprung der Bewertung per Faktor
König Henry VIII. von England soll den Vorgänger der Bewertung mittels Faktor angeblich erfunden haben – den sogenannten Year‘s Purchase. Wenn man dem Internet und einem meiner Professoren aus dem Studium glauben kann, dann hat der König damals Grundstücke zu einem Vielfachen der erzielbaren Jahresmiete verkauft.
Abgesehen von seinen sonstigen Errungenschaften (Abspaltung von der katholischen Kirche und Gründung der Anglikanischen Staatskirche um sich scheiden lassen zu können), hat der König also auch das erste Wertermittlungsverfahren erfunden.
Faktoren im 21. Jahrhundert
Heutzutage werden Faktoren noch immer für die Bewertung von Immobilien herangezogen. Über die Aussagekraft lässt es sich aber gut streiten, da es zwei wesentliche Versionen gibt und keine von beiden die spezifischen Objekteigenschaften in irgendeiner Art und Weise berücksichtigen. Während der nur auf der Nettokaltmiete und dem beruht, werden die Ankaufsnebenkosten und die nicht umlegbaren Betriebskosten beim in die Berechnung einbezogen.
Bruttofaktor
Der ist häufig gemeint, wenn man Aussagen wie die folgenden hört:
- „Ich kaufe nur unter dem 10-fachen“
- „Faktor 20, also 5% Rendite“
- „Wie teuer ist die Wohnung“ – „Faktor 25“
Die Berechnung des Bruttofaktors ist ausgesprochen einfach, weil nur der (ohne Nebenkosten) und die Nettokaltmiete benötigt werden:
Dank der einfachen Berechnung und der im Vergleich zum höheren Zahl wird dieser Faktor gerne in Exposés oder Nachrichtenmeldungen verwendet. Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen, weil dem Interessenten eine Vorstellung des Verhältnisses vom zur Nettokaltmiete vermittelt wird. Dennoch sollte jedem klar sein, dass Faktor 20, bzw. der Kehrwert von 5% nicht der realen Eigenkapital- oder Gesamtkapitalrendite einer entspricht.
Mehr Informationen zum .
Nettofaktor
Der ist schon einmal wesentlich präziser, als sein Brutto-Pendant. Die Berechnung berücksichtigt die Ankaufsnebenkosten und die nicht umlegbaren Betriebskosten, sodass die Gesamtkapitalrendite am Tag 1 der Investition recht präzise abgeschätzt werden kann, über die gesamte Laufzeit lässt sich aber keinerlei Aussage treffen.
Den berechnen können Sie mit der nachfolgenden Formel:
Fazit – Probleme bei der Bewertung mittels Faktor
Der kleine Ausflug in den Geschichtsunterricht war für diesen Beitrag eigentlich nicht notwendig, aber die Geschichte – ob wahr oder nicht – ist doch erheiternd.
Das Thema dieses Beitrages ist eigentlich zu klein, um wirklich einen eigenen Artikel dafür zu veröffentlichen. Der Vollständigkeit halber und weil ich das Verständnis für diese Zahlen wichtig finde, habe ich dennoch diesen Beitrag verfasst.
Vor- und Nachteile
Es erklärt sich von selbst, dass die Berechnung der Faktoren nur sehr wenig Rechenaufwand erfordert, also auch ohne Bewertungsmodelle in Excel oder sonstige Software gemacht werden kann. Mit dieser Einfachheit erkauft man sich aber entscheidende Nachteile: objektspezifische Eigenschaften wie die Instandhaltungskosten werden komplett außer Acht gelassen. Außerdem wird eine feststehende Miete als Basis der Berechnung genommen, Mietsteigerungspotenziale bleiben komplett unberücksichtigt.
Der Faktor kann in meinen Augen immer nur ein grober Richtwert sein, der durch eines der Wertermittlungsverfahren aus den kommenden Beiträgen validiert werden muss.
Wer mehr zum oder zum erfahren will oder wer schon immer einmal wissen möchte, warum Exposés häufig falsch sind, der hat hier die entsprechenden Links gefunden.
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