Immobilien-Crowdinvesting Teil 3: Projektauswahl und Risiken

Crowdinvesting steht und fällt, wie jede andere Form der Schwarmfinanzierung auch, mit der Auswahl der richtigen Projekte. Dabei ist es wichtig, dass die Anleger sich nicht von Hochglanz-Exposés und der vermeintlichen Sicherheit der Anlageklasse Immobilien blenden lassen. Nicht jede Projektentwicklung muss erfolgreich sein, nur weil sie auch teilweise von einer Bank finanziert wird. Die Bank wird schließlich vor allen anderen Gläubigern bezahlt, wenn es zu einer Insolvenz kommt und Crowdinvestments in Immobilien mittels Nachrangdarlehen sind immer erst danach an der Reihe. Genau deshalb ist es so wichtig, eine gewissenhafte Projektauswahl zu treffen und nur zu investieren, wenn alle Vor- und Nachteile abgewogen sind.

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Crowdinvesting Projektauswahl Risiken

 

Inhaltsverzeichnis

Projektauswahl

Was ist es also, auf das ich bei der Auswahl des passenden Projektes achten muss? Und warum ist der Zinssatz bei einigen Projekten so viel höher als bei anderen Projekten? Das sind Fragen, die ich hoffentlich in den kommenden Absätzen klären kann.

Die meisten Portale verlangen eine Anmeldung, um alle projektrelevanten Unterlagen einsehen zu können. Laut Exporo soll so „ein gewisses Maß an Verbindlichkeit“ hergestellt werden, wobei ich diese Maßnahme eher als Appetitanreger für eine Registrierung sehe. Wie die Anmeldung exemplarisch funktioniert, hat Christian von selbst-schuld.com in seinem letzten Beitrag zum Thema Exporo Erfahrungen und Test – Mein Start ins Immobilien Crowdinvesting sehr ausführlich beschrieben.

Projektart

Crowdinvesting bietet sich aufgrund der hohen bei Projektentwicklungen mit einem absehbaren Verkaufszeitpunkt eher an, als bei Bestandsobjekten. Investitionsimmobilien wie das City Carré in Hannover (Bergfürst) sind in der Regel vermutlich etwas risikoärmer, aber die Ausnahme. Gängiger sind dagegen Neubauprojekte, Sanierungen im Bestand oder Aufteilergeschäfte, bei denen die Immobilien nach erfolgter Wertschöpfung wieder verkauft werden und die deshalb auch nur eine kurzfristige Finanzierung benötigen.

Projektstatus

Der Projektstatus muss nicht zwangsläufig bei der Bewertung eines Projektes helfen. Es sieht zwar nett aus, wenn eine Baugenehmigung erteilt ein Objekt schon voll vermietet ist, aber der spätere Verkaufspreis und damit die Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg lässt sich daraus nicht ableiten. Der Projektstatus dient also aus meiner Sicht eher der Beruhigung der Nerven, als der objektiven Bewertung eines Projektes.

Lage

„Lage, Lage, Lage…“ das gilt nicht nur bei der direkten Investition in Immobilien, sondern natürlich auch bei Crowdinvestments. Um einschätzen zu können, wie realistisch der erwartete Verkaufspreis für eine Projektimmobilie ist, sollten Sie einen Blick auf die Lage und den durchschnittlichen / Quadratmeter werfen und diesen anschließend mit Marktdaten vergleichen. Mögliche Quellen für aktuelle Marktdaten habe ich in einem früheren Beitrag zusammengefasst, den Sie hier finden können.

Neben dem realistischen sollten Sie aber auch auf externe Faktoren schauen. Sabinchen hat in einem Kommentar bei selbst-schuld.com den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie bei der Hintergrundrecherche für ein Projekt herausfand, dass es in einem Hochwasser-Gefahrengebiet liegt. Sowas kann neben den möglichen Schäden natürlich auch mit einem erheblichen Abschlag im Verkaufspreis behaftet sein und so zu einem Verlust für die Anleger führen.

Zinssatz und Sicherheiten

Die Portfoliotheorie lehrt uns, dass Risiko und Rendite immer in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen und dass bei steigende Risiken auch mit steigenden Renditen zu rechnen sein sollte. Dieses Verhältnis wird in dem Moment ausgehebelt, in dem der Projektentwickler selbst den Kredit vorgibt, den er zu bezahlen bereit ist und nicht der Markt darüber entscheidet. Der Zinssatz alleine ist also nicht das richtige Kriterium, um über das Risiko eines Crowdinvestments zu entscheiden.

Trügerische Sicherheiten

Ein Gefühl von Sicherheit wird vorgegaukelt, indem gewisse Sicherheiten hinterlegt werden. Dazu zählen beispielsweise Gewinnabtretungen durch den Projektträger, sodass dieser seinen Gewinn erst nach der Bedienung aller Crowdinvestoren entnehmen darf. Ein weiteres Beispiel, aber deutlich seltener, sind persönliche Bürgschaften des Projektentwicklers, oder der Projektentwicklungsgesellschaft, die den Betrag garantieren. Auch das hört sich erstmal sehr gut an, hat aber den faden Beigeschmack, dass auch persönlich haftende Projektentwickler nicht unendlich kreditwürdig sind, also im Falle des Falles die Bürgschaft auch wertlos werden kann. Die Sicherheiten alleine sollten also meiner Meinung nach nicht über die Projektauswahl entscheiden.

Zweckgesellschaften – Haftungsbegrenzung für den Projektentwickler

Ein kleines aber nicht unwichtiges Detail ist auch die Tatsache, dass häufig sogenannte Zweckgesellschaften (SPV) gegründet werden, die dann Darlehensnehmer werden und entweder der Bauherr für ein einzelnes Projekt sind oder das Geld ihrerseits an den Bauherren weiter verleihen. Der Mindestkapitaleinsatz für die Gründung einer solchen Gesellschaft ist im Vergleich zur durchschnittlichen Investitionssumme pro Projekt marginal, sodass es durchaus denkbar wäre, dass eine Zweckgesellschaft aufgegeben wird, wenn ein Projekt schiefgeht.

Grafiken, die eher verwirren als zu helfen

Am Ende steht dann eine auf den ersten Blick wenig verständliche Grafik wie das nachfolgende Schaubild, das den unerfahrenen Anleger vermutlich nicht besonders weit bringt. Was diese Grafik auch nicht verrät ist, dass der Projektentwickler in diesem Fall weniger als 5% des Projektvolumens in die Gesellschaft einbringt, während Schwarminvestoren 11,2% der Gesamtinvestition aufgebracht haben. Kombiniert man den kleinen Eigenkapitalanteil mit einer in diesem Fall recht geringen Gewinnmarge, so ergibt sich aus meiner Sicht ein erhebliches Risiko für die Anleger.

Exporo Finanzierungsstruktur Beispiel
Finanzierungsstruktur eines beispielhaften Projektes bei Exporo.

Projektentwickler

Es kann nicht schaden, sich im Internet Hintergrundinformationen und einen Track-Record vom jeweiligen Projektentwickler zu besorgen. Neben der eigenen Website empfiehlt sich da je nach Gesellschaftsform auch ein Blick in den Bundesanzeiger oder ganz allgemein eine Recherche über die Suchmaschinen. Wenn hier negative Schlagzeilen über die Firma auftauchen, dann beziehen Sie das in die Bewertung des Projektes mit ein.

Finanzkennzahlen

Die Finanzierungsstruktur kann entscheidend für Erfolg oder Misserfolg eines Projektes sein. Die Crowdfunding-Portale bieten hierzu gerne die altbekannten, unschönen Tortendiagramme an, die zwar nicht mehr zeitgemäß sind, aber ihren Zweck erfüllen. Als einziger Anbieter stellt Zinsland aktuell unter dem Stichwort „Finanzkennzahlen“ ein Übersichtsblatt zur Verfügung, in welchem alle Details zur Mittelherkunft und Verwendung aufgeführt sind. Auch die durchschnittlichen Preise für die entwickelten Einheiten werden hier mit angegeben.

Projekterlös

Mit Ausnahme von Bestandsobjekten, wie dem oben angesprochenen Fall in Hannover, sollen Sie einen Blick auf den geplanten Projekterlös werfen. Ich habe ja bereits weiter oben schon geschrieben, wie sie den erwarteten Projekterlös evaluieren können, aber die folgende Kennzahl ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu unterschätzen.

Gewinnmarge

Berechnen Sie grob die Gewinnmarge (1-(Investitionskosten/Projekterlös)) vor Zinskosten und achten Sie darauf, dass dieser Wert nicht zu klein ist. Je kleiner die Marge, desto größer ist der Einfluss sinkender Verkaufspreise auf den Projekterfolg und damit auch auf ihr mögliches Risiko.

Eigenkapital

Zu guter Letzt – und auch das habe ich im obigen Beispiel schon angesprochen – darf auch das Eigenkapital des Projektentwicklers nicht außer Acht gelassen werden. Ich würde in kein Projekt mein eigenes Geld investieren, in dem nicht eine dem Risiko entsprechende Menge an Eigenkapital vorhanden ist.

Laufzeit

Die Laufzeit sagt wenig über das Risiko eines Projektes aus, ist aber für den Anleger trotzdem von Bedeutung. Mit Ausnahme von Bergfürst bietet keine der Crowdinvestment-Plattformen die Möglichkeit eines Verkaufs der Anteile an. Dementsprechend kommt der Anleger für die vorgeschriebene Dauer des Darlehens nicht an sein Geld heran, solange es nicht vorzeitig zurückgezahlt wird.

Fazit

Das versprochene Testinvestment habe ich leider noch immer nicht gestartet, da ich nach wie vor auf ein für mich passendes Projekt warte. Wenn ich mir allerdings anschaue, in welchem Tempo derzeit neue Crowdinvestment-Projekte an den Start gehen, dann wird es sicherlich nicht mehr lange dauern, bis ich loslegen kann.

Bei der Projektauswahl gibt es viele Punkte, auf die der Anleger achten sollte. Gleichzeitig ist er maßgeblich auf die Korrektheit der Annahmen des Projektträgers angewiesen und genau hier sehe ich ein Problem.

Ein institutioneller Investor, der auf Nachrangfinanzierungen spezialisiert ist, würde neben den Hochglanzbildern im alle Annahmen genau überprüfen. Ein Schwarminvestor auf einer Online-Plattform hat keine andere Wahl, als die angenommenen Baukosten (falls diese überhaupt ausgewiesen sind) und Verkaufserlöse ungeprüft als richtig zu verstehen. Fundierte Entscheidungen sind bei einem solchen Informationsdefizit nur schwer zu treffen und halten mich deshalb auch bisher davon ab, eine Investition zu starten.

Wie gehen Sie bei der Projektauswahl vor? Wenn Sie andere Kriterien zugrunde legen, freue ich mich über einen Kommentar oder eine Email.

Disclaimer

Dieser Beitrag versteht sich nicht als Anlageberatung. Bitte beachten Sie die Risikohinweise der jeweiligen Plattformanbieter.

Über Yanneck-Morten Bliesmer

Avatar for Yanneck-Morten BliesmerYanneck-Morten Bliesmer ist der Autor hinter Betonrendite.de. Er hat in Hamburg, Holzminden und Australien Immobilienmanagement studiert und parallel privat wie geschäftlich in Immobilien investiert. Jetzt setzt er sein Wissen ein, um Privatpersonen in Zeiten schwacher die Investition in Immobilien zu erleichtern.

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